Im November 2024 brachen Marco und ich auf, um Masuren Offroad zu erkunden. Dabei wartete der Landstrich im Norden Polens mit interessanten Strecken und historischen Sehenswürdigkeiten auf.
Aufbruch gen Ost
Sonntag, den 03. November 2024
Wir folgen einer löchrigen Straße, welche von vom Herbst gefärbten Birken gesäumt wird. Nur mit Mühe gelingt es mir, den tiefen Kratern im Straßenbelag auszuweichen. Kurzzeitig zucken Marcos Abendlichter im Rückspiegel – das Schlagloch hat er wohl erwischt, was von dem über Funk ertönenden „Kurwa“ bestätigt wird. Gestern erst starteten Marco, Edda und ich vom Pommernträff bei Stralsund und steuern nun auf das Ziel Masuren zu. Nach einer frostigen Nacht bei Walcz haben wir soeben die Region zwischen Danzig und Augustow erreicht.
Wie für die späte Jahreszeit üblich, steuern wir den anvisierten Stellplatz bereits vor Sonnenuntergang an, um noch im Resttageslicht das Camp zu errichten. So handhabten wir es bereits im Baltikum und auf unserer Tour entlang der Bismarcktürme. Entsprechend schlagen wir im verblassenden Tageslicht unser Lager unter Kiefern auf. Als etwas später das Lagerfeuer knistert und wir die ersten Zutaten für die abendliche Suppe schnippeln, ist die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden. Was bleibt ist ein orangeroter Himmel und das Rauschen der Kiefern im Wind.
Offroad durch Masuren
Montag, der 04. November 2024
Schon kurz nach unserem schnellen Frühstück bringen uns unbefestigte Wege bereits in den Morgenstunden tiefer in das masurische Kernland. Dicke Dreckspritzer landen auf Motorhaube, Frontscheibe und Dachzelt. Der Boden ist zäh und rutschig, verstopft Reifenprofile und füllt den Radkasten mit Schlamm. Trotz angepasstem Reifendruck rutscht der Ranger regelmäßig aus der Spur und steht zwischendurch fast quer auf dem Weg. Marco ergeht es ähnlich, erkennbar an den schlingernden Frontscheinwerfern in meinem Rückspiegel. Stecken bleiben wir nicht und die Devise lautet: Drehzahl und durch. Nur die Fotos kommen dabei leider etwas zu kurz.
„Eure Offroader sind wie gemacht für unsere schlechten Straßen!“
– Unser Gastgeber, Masuren im November 2024
Spuren der Vergangenheit
Dienstag, der 05. November 2024
An diesem Morgen ist das masurische Land in einen dichten Nebel gehüllt, was für eine geheimnisvolle Stimmung sorgt. Über bucklige Asphaltpisten mit tiefen Schlaglöchern ziehen wir weiter gen Ost. Als bei einer Baumgruppe die markierte Koordinate auf meinem Smartphone-Display die Mitte erreicht, verlassen wir die Fahrzeuge.
Umgeben von Nebelschwaden folgen wir einem verlaubten Pfad hinab an eine Bachunterführung. Dort liegt er, oder zumindest das, was von ihm übrig ist. Die Überreste eines Jagdpanzers IV aus der Zeit des 2. Weltkrieges. Seine Saukopfblende ragt unter dem Beton hervor, aber seine 75mm Kanone wurde ihm von Schrottjägern genommen. Ein örtliches Museum hat sie erstanden und bewahrt sie auf, wie ich im späteren Verlauf der Reise erfahren soll.
Zufrieden mit unserem Fund setzen wir unsere Reise gen Ost fort, immer parallel zur Kaliningrader Grenze. Dazwischen stoßen wir immer wieder auf kleine Weiler, unbefestigte Wege und pittoreske Dörfer, welche mich an das Kurland erinnern. Als sich die Sonne zeigt, machen wir halt an einem Bismarckturm, erkunden danach die begonnene Schleuse des nie fertiggestellten masurischen Kanals und den Mauerwald. Nicht weit weg aber für uns heute nicht von Interesse: Die Wolfsschanze, das viel besuchte einstige Führerhauptquartier.
Safari bei Nacht und bei Tag
Dienstag, der 05. bis Donnerstag, den 07. November 2024
Die Nacht verbringen wir auf einen Stellplatz, der uns beim Pommernträff empfohlen wurde. Mit der einsetzenden Dunkelheit machen wir Dreibein und Feuerschale klar und freuen uns frisch geduscht auf die köchelnde Kartoffelsuppe als plötzlich Edda übermäßig anschlägt. Und nachdem Marco kurzzeitig über einen besonders lauten Igel fantasiert, bricht bereits kurze Zeit später lautstark eine Elchkuh samt Kalb durch das Unterholz. Leider schafft die Kamera keine saubere Aufnahme.
Am Morgen des nächsten Tages statten wir der Pyramide von Rapa einen Besuch ab und halten dabei auch beim örtlichen Wisent-Gehege an. Das Areal ist geschlossen und wir bewundern nur aus der Entfernung die grasende Rinderherde.
Gerade als wir losfahren wollen, sehe ich einen Schatten am Straßenrand, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Noch während ich „Stopp“ rufe, springt ein freilaufendes Wisent auf und verschwindet blitzartig im Unterholz. Gut getarnt zwischen Blättern, Zweigen und Gestrüpp, beobachten uns seine tiefschwarzen Augen. Was für ein riesiges Wesen. Am Abend stelle ich fest, dass mein 55-mm-Objektiv den Ast vor dem Rind fokussiert hat. Schon wieder kein sauberes Bild!
Zurück auf dem Stellplatz erfüllt bald der Duft von Gemüsesuppe das Camp. Unterbewusst nehme ich ein entferntes Platschen wahr und gehe diesem nach. Als ich den Strand nah unseres Stellplatzes erreiche, erkenne ich fünf schwimmende Elch-Silhouetten im Schein des Halbmonds. Die Kamera liegt im Auto.
Der Bunker am Stadtrand
Donnerstag, der 07. November 2024
Frisch geduscht brechen wir gen Süden auf. Das Land ist abermals in einen dichten Nebel gehüllt, alles erscheint heute in einem bleiernen Grau und wirkt melancholisch. So auch die Stadt Pisz, wo ein unscheinbarer Bunker am Stadtrand sein Dasein fristet.
Ein junger Mann mit Brille und olivfarbenem Parka führt uns durch das Gewölbe und berichtet uns: „Dieser Bunker wurde 1939 von den Deutschen gebaut, wir haben versucht alles originalgetreu nachzubilden“. Selbst Imitationen der damaligen Konfitüredosen finden wir im inneren. Über eine Stunde lauschen wir den Ausführungen unseres Guides, ehe wir eine Spende hinterlassen und uns auf die Suche nach einem Platz für die Nacht machen.
„Ein Schrotthändler fand einst ein Nebelwerfer-Triebwerk. Er sägte es an, woraufhin es abhob, die Decke durchschlug und in einer Autofrontscheibe einschlug!“
– Bunker-Guide, Masuren im November 2024
Letzte Suppe in Masuren
Donnerstag, der 07. November 2024
Der letzte Abend bricht an. Das zeigt uns nicht die Sonne, sondern der dunkler werdende Nebel. Am Mokre See positionieren wir uns zwischen ein paar Bäumen und beginnen sofort mit der Feuerholzsuche, denn unsere Bestände sind nahezu aufgebraucht. Bewaffnet mit Handschuhen, Äxten und einer Säge durchstreifen wir den umliegenden Wald nach Totholz. Eine Stunde später stehen wir vor den Früchten unserer Arbeit und freuen uns über das aufwärmende Training.
Dampf steigt aus dem Gulaschkessel und im Feuerschein, mit Blick auf den See, rekapitulieren wir die vergangenen Tage in Masuren. Bis auf die Kälte ein wirklich gelungenes Abenteuer aus Offroad, Geschichte und tierischen Beobachtungen.
Im Prinzip gab es täglich drei Kernfragen: Wo kriegen wir Holz her? Wo schlafen wir? Und was gibt es zum Abendbrot? Es ist wohl auch die Einfachheit der notwendigen Entscheidungen, welche diese Art von Reise zu angenehm macht. Wir werden zwei Tage nach Hause brauchen, Zeit die ich nutzen werde, um die zahlreichen, schönen Eindrücke zu Papier zu bringen.
Fazit: Masuren hat für mich einen ganz eigenen Charme. Abgeschiedene Landstriche, Seen und Wälder, sowie eine gewissen Unaufgeregtheit, macht Masuren für mich aus. Allradler werden gerade im Frühjahr und Herbst ihren Spaß haben – ausreichende und abwechslungsreiche Pisten stehen bereit.
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