In Deutschland, Polen und zahlreichen anderen Ländern existieren noch heute eine Vielzahl der Anfang des 20. Jahrhunderts erbauten Bismarcktürme. Im Frühjahr 2024 gingen wir auf die Reise, um mehr über die Denkmäler in Erfahrung zu bringen.
Auf den Spuren der historischen Türme
Eine schwache Märzsonne spiegelt sich im derzeit noch glänzenden Lack unserer Allradfahrzeuge. Unweit unserer Position bei Burg (Spreewald) ragt ein aus roten Klinkern gemauerter Bismarckturm empor. „Die Bismarckdenkmäler wurden zwischen 1898 und 1915 zu Ehren des verstorbenen Reichskanzlers erbaut – und das oftmals aus privaten Mitteln“, zitiert Vaddern vom Smartphone-Display und rückt dabei seine Brille zurecht.
Genau wegen dieser Denkmäler sind wir hier! Unsere Tour startet im südlichen Brandenburg und wird sich im Verlauf der Route über Polen, Tschechien, Ostdeutschland und Hamburg nach Pritzwalk fortsetzen. Sechs Tage und rund 1000 Kilometer haben wir dafür veranschlagt. Mit von der Partie ist Marco mit seinem Jeep, und im späteren Verlauf der Reise wird Kai zu uns stoßen. Erklärtes Ziel der Exkursion: Mehr über die Türme, von denen noch knapp 150 Stück in Deutschland stehen, in Erfahrung bringen. Wie ist ihr heutiger Zustand, wofür werden sie genutzt und gibt es Unterschiede zwischen den Türmen in den unterschiedlichen Ländern?
Allradantrieb gefragt: Überland durch die Provinz
Während wir in Südbrandenburg zumeist auf schmalen Asphaltstraßen unterwegs sind, begrüßt uns Westpolen mit verschlammten Pisten, die endlich das ein oder andere Mal unsere Allradantriebe erforderlich machen. Was nebenbei dafür sorgt, dass unsere Karossen nicht mehr so in der Sonne spiegeln und unsere Autos nach zu langer Zeit im alltäglichen Gebrauch endlich wieder nach echten Offroadern aussehen. In Tschechien hingegen ist das Benutzen von Feldwegen in der Regel untersagt. So auch auf dieser Tour, weshalb wir hier zügig und unspektakulär über schmale Asphaltstraßen vorankommen.
Große Städte meiden wir, lediglich den Hamburger Stadtrand streifen wir im späteren Verlauf der Reise kurzzeitig. Als wir im Anschluss Mecklenburg-Vorpommern erreichen, werden die Pisten wieder unwegsamer. Zusammengenommen empfinden wir die Tour als eine gute Mischung aus Panoramastraßen, spannenden Hindernissen wie Furten und wackligen Brücken sowie unbefestigten Wegen und Pflasterstraßen, die der Route einen Overland-Charakter geben.
Um diese Jahreszeit haben nur wenige Stellplätze geöffnet – gut, dass wir uns mit den Jahren eine Datenbank aus Ganzjahresplätzen, Paddelstationen und Offroadkollegen mit Stellplatzmöglichkeiten angelegt haben. So übernachten wir am fünften Tag bei Dirk, welcher uns schon bei unsere Grenztour auf seinem Waldgrundstück empfangen hat. Da es im Februar noch zeitig dunkel wird, steuern wir die Plätze möglichst vor 16:00 Uhr an und versuchen früh ins Bett zu kommen, um mit dem ersten Morgenlicht starten zu können. Sagen wir mal so: Das funktioniert mal gut und mal weniger.
Historie am Horizont – die Bismarcktürme zeichnen die Tour
Oftmals sind sie schon von Weitem sichtbar: Die Bismarcktürme auf Anhöhen und Hügeln scheinen stets in exponierter Lage errichtet worden zu sein. Unzählige davon besteigen wir über enge Treppenhäuser. Dabei fällt uns auf, dass sich alle Türme voneinander unterscheiden: Einige von ihnen sind mit überbordend schmückenden Ornamenten verziert, andere wiederum sind schlicht und einfach gehalten.
Einige Türme weisen noch immer die Spuren des letzten Weltkrieges auf, andere wurden umgewidmet, abgerissen oder sind zur Ruine verfallen. Nur wenige erstrahlen im alten Glanz, gewartet und restauriert von örtlichen Vereinen. Bei diesen lohnt sich eine Prüfung der Öffnungszeiten, da sie oft verschlossen sind. Einige der Türme stehen abseits aber ortsnah – ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche, wie etwa bei Żagań, wo sich Pubertierende zu lautstarker Musik sammelten. Anderswo stehen sie tief im Wald verborgen und wieder andere stehen inmitten einer gepflegten Grünanlage. So unterschiedlich die Türme in ihrer Ausführung auch sind – so einigt sie die Idee eine Erinnerung für Bismarck zu sein.
Übrigens: Financiers und Vereine verewigen sich oft in den untersten Steinen mit ihren Initialen oder dem Vereinsnamen. Die Aussicht über die unterschiedlichen Landschaften von den Turmspitzen ist zudem stets atemberaubend und lässt uns die vielen Stufen schnell wieder vergessen. Lediglich Edda scheint das Ganze nicht geheuer zu sein, weshalb wir sie lieber auf dem Arm hochtragen – eben so, wie es einer Beifahrerprinzessin würdig ist.
Bei Tangermünde besuchen wir eine Außenstelle der Bismarckstiftung. Eingerichtet in einem Nebengebäude des zerstörten Gutes Schönhausen in dem Bismarck einst geboren wurde. Erfreut über Besuch, führen uns die Mitarbeiter durch die kleine Ausstellung. Hier und da erfahren wir mehr über die Denkmäler und ihre Schicksale. „Dieser wurde 1945 zerstört. Oh, und dieser wurde zu DDR-Zeit umgewidmet“, sagt der uns umherführende Mitarbeiter und zeigt auf verschiedene Aufnahmen der Denkmäler. „Und den hier ham‘se janz jut restauriert“. Wir freuen uns an der privaten Führung und sind beeindruckt von den Fotos der unterschiedlichen Türme. Auch das Bismarckmuseum bei Hamburg steht auf unserer Liste. Deutlich größer angelegt als Hauptverwaltung der Stiftung erfahren wir hier nicht nur einiges über die Türme, sondern auch über Bismarcks außenpolitisches Wirken.
Der Witterung zum Trotz
Nachts fallen die Temperaturen bis auf den Gefrierpunkt, entsprechend summen abends die Standheizungen im Sonett. Lediglich Vaddern gibt sich die Blöße nicht und belächelt uns für unsere Apparaturen. Natürlich starte ich meine Heizung nur für Edda, denn wird es ihr draußen zu bunt, stellt sie sich vor die Dachzeltleiter und erwartet einen raschen Lift hinauf in das vorgewärmte Schlafgemach. Sobald die Nachtlager errichtet sind und vorwärmen, machen wir uns an das abendliche Lagerfeuer. Dafür greifen wir unterwegs auf Totholz oder Holzpakete aus Hofläden zurück. Mit Tankstellenholz haben wir leider häufig schlechte Erfahrungen gemacht – es verbrannte entweder zu schnell oder gar nicht.
Nach zahlreichen Wanderungen und Treppenaufstiegen am Tag sowie dem Hacken des Holzes ist für uns ein warmes Abendbrot Pflicht. Dementsprechend köcheln punktgenau nach Sonnenuntergang stets die gusseisernen Backformen mit kalorienreichen Aufläufen, Pilzgerichten oder Hackbraten auf dem Grill. Gesättigt und mit warmen Mägen sitzen wir später an der Steckfeuerschale und lassen den Abend ausklingen.
Tourabschluss in Pritzwalk
Nach Hamburg schwenken wir gen Mecklenburg auf zumeist unbefestigte Staubstraßen, verbringen noch eine Nacht an einem kleinen Bootshafen und erreichen am letzten Vormittag der sechstägigen Tour Brandenburg. Der Bismarckturm in Pritzwalk bildet den Abschluss unserer Tour. Für mich gab es klar ersichtliche Parallelen zu unserer Grenztour. Heißt: Weniger unbefestigte Pisten, dafür das geschichtliche Abenteuer direkt vor der eigenen Haustür erleben. Zudem erscheinen mir die themenbezogenen Gespräche mit Menschen, die wir im Inland treffen oft deutlich umfangreicher und tiefgehender – vermutlich nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Sprachbarriere.
Während Edda um die nun deutlich verdreckten Fahrzeuge flitzt und darauf lauert, dass jemand seine Kühlbox öffnet, begutachten wir den letzten Turm unserer Exkursion. Zurück bei den Fahrzeugen, lassen wir die Tour bei Wiener Würstchen, Brot und Kaffee Revue passieren.
Mir gefiel der Besuch der Bismarckstiftung am besten. Die nette Dame von der Rezeption hat mir viel Wissen über Bismarck vermittelt.
– Kai
Mir gefielen die liebevoll restaurierten Türme am besten. Leider waren die meisten zu dieser Jahreszeit geschlossen.
– Marco
Fazit: Eine Route entlang der Bismarcktürme bietet aufgrund der verschiedenen Streckenverhältnisse die perfekte Mischung aus Fahrspaß, Geschichte und Abenteuer. Viele Türme warten darauf erkundet zu werden. Abgerundet wird die Route durch den Besuch der Stiftungen und Museen.
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