Oster-Roadtrip durch Oberschlesien: Offroad-Abenteuer in Polen

Kai und ich brechen auf zu einem Oster-Roadtrip: Offroad durch Polen, eine Tour durch das polnische Oberschlesien. Dabei erleben wir ein wenig Nervenkitzel auf spannenden Offroadtracks und stoßen auf Spuren der Vergangenheit.

Per Allrad nach Oberschlesien

Sonntag, 31. März 2024

Ganz Schlesien ist in einen Dunst aus Saharastaub gehüllt und in der Ferne wirken Silhouetten von Gebäuden, Wäldern und Bergen von einem rötlichen Schleier überzogen. Mittendrin: Mein Ranger und Kais Navara, die – wie so oft auf unbefestigten Straßen – einen Schweif aus Staub hinter sich herziehen. Unser Ziel an diesen Ostertagen ist Oberschlesien im heutigen Polen. Kai und sein Sohn Timo zieht es aufgrund familiärer Bande in die Region, für mich hingegen zählt es einfach draußen zu sein und die Reise zu genießen.

Beim Overlanden durch Polens Landschaft kreuzen wir Landstraßen und Schnellstraßen auf staubigen Wegen und Buckelpisten, die die CB-Funkantennen wild schaukeln lassen. Passieren wir an diesem Ostersonntag doch einmal eine Ortschaft, so fallen uns sofort die adrett gekleideten Bewohner auf. Sie sind vermutlich auf dem Weg zur Ostermesse und tragen geschmückte Körbe – was sich darin befindet, können wir nur erahnen.

Die vorbeiziehende Umgebung ist keine unbekannte für uns: Bereits im vergangenen November kreuzten wir Westpolen auf der Suche nach Spuren der Vergangenheit. Auf einem namenlosen Feldweg dann die Meldung über Funk an mich von Kai: „Wir haben Oberschlesien erreicht“.

Eine Stunde später treffen wir im Örtchen Szczedrzyk (dt. Sczedrzik) bei Iwona und Jens ein. Wir kennen uns bereits: 2020 auf unserem Roadtrip durch Südpolen fanden Vaddern und ich hier Zuflucht vor einem herannahenden Unwetter. Heute sind die Wetteraussichten besser, daher entfalten wir unsere Dachzelte nahe dem alten Stall zwischen Feldarbeitsgerät und Hühnern – besonders am Federvieh erfreut sich Edda, die mich auch auf dieser Tour begleitet.

Was für schöne Autos. Und so schön dreckig!

– Iwona im April 2024

Overlanding durch Polen: Ins Herz Oberschlesiens

Montag, 01. April 2024

Zwei Nächte haben wir uns auf dem Biobauernhof von Iwona und Jens einquartiert. Sie versorgen uns mit frischen Eiern, Feuerholz und wertvollen Tipps für die Region. Was hier sofort auffällt: Viele der Ortsschilder sind zweisprachig ausgeführt – auf Deutsch und Polnisch. Dafür verantwortlich sind die Nachfahren der einst deutschen Bewohner, welche hier nach wie vor eine anerkannte Minderheit bilden. Und auch Iwona ist eine Nachkommin dieser Deutschen.

Persönlicher Buchtipp:

Dieses gut 300 Seiten starke Buch beleuchtet die Geschichte der Deutschen im Osten Europas. Sowie ihre Rolle als Eroberer, Siedler und Vertriebene. Es hat mir auf meinen Reisen durch Polen, Ungarn und dem Baltikum geholfen, die Geschichte der deutschen Minderheiten besser zu verstehen.


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Über verschlungene Straßen bahnen wir uns unseren Weg in das Herz Oberschlesiens, dem Ballungsgebiet aus Gliwice, Bytom, Zabrze und Katowice. Die Überreste alter Zechen und Arbeiter-Wohnviertel ziehen an uns vorbei. Schaut man genau hin so findet man noch immer die Spuren der deutschen Vergangenheit. „Waren-Credit-Haus“ lese ich etwa an einer der vorbeirauschenden Fassaden.

Kai und Timo suchen hier zudem die Kirche, in welcher ihr Vater getauft wurde.  Doch leider erfahren sie bald, dass diese zwischenzeitlich abgerissen wurde – worauf sich Enttäuschung bei ihnen breit macht. Auch der Sender Gleiwitz steht auf unserer Liste. Im Panorama des riesigen Sendemasts informieren wir uns über die hiesigen Geschehnisse am Vorabend des Beginns des zweiten Weltkrieges.

Polens Offroad-Pisten fern des Ballungsgebiets

Dienstag, 02. April 2024

Die vielen Besichtigungen und Städtebummeleien wecken ins uns den Drang nach Abgeschiedenheit, Natur und Fahrspaß abseits der Zivilisation – eben das, was Overlanding ausmacht. Wie wir bald bemerken, ist das nördliche Umland von Gliwice hauptsächlich durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägt, dennoch machen wir das Beste daraus und konzentrieren uns auf die unbefestigten Wege im Norden der Region.

Durch kleine Laubwälder und über weite Felder steuern wir die Allradfahrzeuge im großen Abstand um das Ballungsgebiet und schaffen es so trotz städtischer Kulisse am Horizont ein Gefühl des Overlandens in Polens Metropolregion zu kreieren. Essenziell ist für uns auch die Versorgung mit Feuerholz, welches wir unterwegs einsammeln. Dabei nehmen wir natürlich lediglich bereits heruntergefallene Äste an Straßen und Wegen mit. Das hiesige Tankstellenholz war leider zumeist nass und auch das Vortrocknen per Standheizung hat das nur geringfügig verbessert.

Alte Bunker, alte Gemäuer

Donnerstag, 04. April 2024

Die Nacht haben wir auf einem schönen Stellplatz in Goje verbracht. Zurück auf der Piste passieren wir schon kurz nach Aufbruch die Grenze nach Tschechien und erkunden kurz darauf die Überreste des Tschechoslowakischen Walls westlich von Ostrava . Dieser wurde einst als Schutzwall gegen einen möglichen Angriff des 3. Reiches errichtet. Seiner Bestimmung kam er nie nach, nachdem das Sudetenland im Rahmen des Münchener Abkommens 1938 von Deutschland annektiert wurde. Der hiesige Museumsbunker wurde zum Zeitpunkt unseres Eintreffens gerade renoviert, weshalb uns ein Besuch des Inneren verwehrt blieb. Macht aber nichts, die Freilichtausstellung und die umliegenden Bunker sind ebenfalls in jedem Fall einen Besuch wert.

Zurück in Polen, das Ballungsgebiet ist fast umrundet, stoßen wir in Sławików auf die Überreste eines alten Herrenhauses. Zu Fuß erkunden wir die imposanten Ruinen, welche noch immer die Narben des 2. Weltkrieges an ihren Fassaden tragen. „Während der Aufräumarbeiten haben wir verschiedene Projektile, Mörser-Blindgänger, oder PPScha-Patronen gefunden, was darauf hindeutet, dass hier ein Schusswechsel stattfand“ berichtet Artur Osak, Mitglied der Stiftung Gniazdo im Interview mit polenjournal.de. Leider ist die Ruine aktuell geschlossen. Nichtsdestotrotz umrunden wir das Gelände und wandern durch den verwilderten Schlosspark. Den Erkundungsdrang gestillt, kehren wir am Abend erneut bei Iwona und Jens ein – einfach der schönen ländlichen Atmosphäre wegen.

4×4-Stellplatz mit Aussicht

Freitag, 05. April 2024

Auf den gleichen Pisten, auf denen wir per Allrad nach Polen angereist sind, fahren wir nun zurück gen Deutschland. Tatsächlich sorgt dies für einen neuen Blickwinkel und neue fahrerische Herausforderungen, hat doch der kürzlich eingesetzte Dauerregen einigen Pisten ziemlich zugesetzt. Neben tief-schlammigen Offroad-Passagen passieren wir mit dicken Klinkern geflickte Pisten auf dem Weg gen Westen.

Aus unerklärlichen Gründen schwankt Kais Bedrack-System zunehmend bedrohlich auf seinem Navara. Deshalb schwenken wir sicherheitshalber südlich von Wroclaw (dt. Breslau) auf befestigte Wege und erreichen so etwas früher als ursprünglich geplant Roberts Campingplatz. Dieser ist für mich die erste Anlaufstelle im Raum Wałbrzych (dt. Waldenburg), denn Robert hält für Overlander und Offroader einen Stellplatz mit besonders schöner Aussicht bis zum Eulengebirge bereit.

Hey guys, welcome back – the place is ready for you!

– Robert im April 2024

Das letzte Abendbrot zusammen ist ein Originalrezept aus Oberschlesien: Süßsaure Eier mit Kartoffeln und Speck landen auf unseren Tellern. Im Schein der brennenden Feuerschale, unter Sternenhimmel und vor den Silhouetten des Gebirges am Horizont klingt der letzte Abend dieser schönen Tour aus. Ein gelungener Ausflug konstatieren wir bei einem kühlen Bier und in meinem Kopf beginnt schon die Planung der nächsten Route, die mich wieder in abgelegenere Regionen führen wird.

Fazit: Oberschlesien ist für Fahrer mit geschichtlichem Interesse an der Region in jedem Fall interessant. Für den geneigten Allradler mit Passion für Abgeschiedenheit und wilde Wege handelt es sich aber wohl eher um eine Region für die schnelle Durchreise, bedenkt man die dominierende Agrarlandschaft und das große Ballungsgebiet.

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